Montag, 11. November 2019
Report #70
Was soll ich sagen oder schreiben? Es ist etwas her, dass ich hier etwas geschrieben habe. Dass ich überhaupt etwas geschrieben habe.

Ich habe einen alkoholfreien Monat gestartet und befindet mich als gerade doch tatsächlich im zehnten abstinenten Tag. Ob ich es bis zum 30. November wirklich durchhalte? Ich weiß es nicht. Aber ich versuch's und bin bester Dinge.

Zur Zeit habe ich eh genug zu tun und zu wenig Zeit mich mit Katern und Kneipennächten herumzuschlagen, auch wenn ich zugeben muss, dass ich einen der Abende in diesem Monat schon als nüchterne Barfly in einer urigen Kneipe verbracht habe. Man braucht keinen Alkohol um sich einen ganzen Abend bis spät in die Nacht in eine verrauchte Kneipe zu setzen, Löcher in die Luft zustarren, über sein Leben nachzudenken und mit anderen, weniger nüchternen Verlorenen zu reden.

Um ehrlich zu sein, war es für mich eher ein Willenstest. Wann ist der gesellschaftliche Druck und der eigene Drang größer, als nach Mitternacht in einer verrauchten Bar voller An- und Betrunkener? Aber mit Bravour bestanden, wenngleich ich das wohlige Gefühl vermisst habe.

Ich bin im Stress. Mein Studium ist fast zu Ende und ich habe die Gelegenheit genutzt, meinen Stundenplan besonders voll mit allerlei Veranstaltungen zu packen. Und dann nebenbei natürlich noch arbeiten, immer mit dem unterbewussten Druck etwas abliefern zu müssen. Und all die kleinen und großen Projekte die mir im Kopf rumschwirren und keine Zeit finden um umgesetzt zu werden.

Wenn ich retroperspektiv auf meine letzten Jahre zurückblicke, habe ich mein Studium gelebt. Nicht im Sinne von haufenweise feuchtfröhliche Studentenpartys, sondern das die Uni immer mehr oder weniger an erster Stelle stand und mein Leben bestimmt hat. Aber ich habe es geliebt und ich liebe es noch. Es gibt mir viel, auch wenn es mich erschöpft.

Warum ich darüber nachdenke?
Ich hatte eine Diskussion mit einem guten Freund, wann ich mich das letzte Mal gelangweilt habe. Und ich kann mich nicht daran erinnern. Ich habe nie nichts zu tun oder wenn ich bewusst nichts tue, ist mir nicht langweilig. Ich weiß nicht, ob es mir Sorgen machen sollte, aber ich glaube nicht.

Wir haben auch über Einsamkeit gesprochen. Fühle ich mich einsam? Nein, sehr selten. Ich kam schon immer sehr gut alleine zurecht.

Ich glaube, ich habe bisher wenig darüber hier geschrieben, weil es nie die große Rolle gespielt hat.

Warum das jetzt plötzlich eine Rolle spielt?

Ich habe eine sehr sympatische, hübsche, interessante Frau kennen gelernt und würde sie eigentlich gerne noch besser kennen lernen, doch ich weiß nicht ob ich den Mut, Motivation und Stimmung aufbekomme um mich auf all das einzulassen. Natürlich vorausgesetzt, sie erwidert das Interesse.

Ich bin einfach absolut aus der Übung was flirten betrifft. Meine letzte romantische Verabredung (Es gibt wirklich keinen Anglizismus, den ich mehr hasse als "Date") dürfte vor fast zwei Jahren gewesen sein. Traurig für einen Mittzwanziger? Vielleicht, aber wie gesagt, es ist mir einfach nicht so wichtig. Ich habe weder aktiv noch wirklich passiv nach irgendwem gesucht.

Eigentlich habe ich ja wie immer nichts zu verlieren. Ich müsste nochmal darüber nachdenken, am liebsten bei einem Bier, aber soviel Zeit darf ich mir wohl nicht lassen.

Alles albern, meine Unsicherheit macht mich fertig. Mir scheint's als steige mir meine Nüchternheit zu Kopf.

Unwohlige Grüße,
Kas

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Dienstag, 24. September 2019
Report #69
Zustand: nüchtern.

Mit vier Tassen Kamillentee intus sitze ich bereits im Bett, schaue noch etwas fern und beobachte den Schein einer Kerze, die ich mir angesteckt habe. Nur für mich. Für etwas mehr Sanftheit.

Der Tag war gut. Irgendwie. Ausgeschlafen, Wohnung aufgeräumt, bummeln und essen in der Innenstadt, Lebensmittel einkaufen für die Woche, spazieren und die wenigen, kurzen Sonnenstrahlen genießen, joggen im Dunklen, heiße Dusche. Und jetzt im Bett.

Was man ebenso tut wenn man frei hat. Prüfungen erledigt an der Uni und Urlaub auf der Arbeit. Ein unerwarteter Traum.

Jetzt habe ich unerwartet viel Zeit für mich und meine Probleme. Ich muss das trinken sein lassen. Ich muss diese niederdrückende Phase überfinden, wieder mehr Selbstvertrauten sammeln. Die letzten Wochen waren eine einzige Qual. Jeder verdammte Tag. Die Batterien sind einfach leer. Ausgelaugte Seele.

Ich habe ein Luxusproblem. Ich weiß nicht was ich nach meinem Studium machen will. Ich mache mir keine Sorgen darum, dass ich keinen Job finde, sondern das ich nur welche finde, die mir nicht das geben, was ich brauche. Es ist kompliziert.

Aber eigentlich bin ich zuversichtlich. Irgendwie. Vielleicht. Warum sollte auch nicht alles gut werden?
Irgendwann kommt die Zeit, wenn alles gut ist.

Vielleicht muss man einfach mal mehr neues ausprobieren. Dem Trott ausbrechen. Alles wird gut.

Einfache Grüße,
Kas

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Mittwoch, 21. August 2019
Report #68
Ich lebe noch. Zustand kritisch. Zumindest aeelisch.
Wie füttert ihr eure Seele?

Alles fühlt sich an wie verlieren, jeder noch so kleine Moment wie eine Niederlage. Ich trinke wieder mehr. Zu viel.

Ich habe mir reihenweise Bücher bestellt, doch komme nicht zum lesen. Mir fehlt die Muße, ich bin zu aufgewühlt und dazu noch zu viel zu tun. Arbeit und Uni, Uni und Arbeit.

Ich bin auf der verzweifelten Suche nach einem Anker und meiner Kreativität. Aber ich weiß nicht wo es ist. Irgendwie wieder mehr fühlen.

Das Problem ist, dass Besserung nicht in Sicht ist. Glaube ich. Fühle ich. Ich bräuchte mehr Hoffnung, mehr Zuversicht.

Irgendwie mehr Leben.

Aufgewühlte Grüße mit ganz viel Liebe,
Kas

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Donnerstag, 27. Juni 2019
Report #67
Unerwartete Aufbruchsstimmung.
Warum, woher? Keine Ahnung.
Eine gewisse Leichtigkeit des einfachen Seins.

Die Probleme sind nicht vergessen und nicht verdrängt, sondern spielen für einen Moment einfach keine Rolle.

Das tut die Sonne, der blaue Himmel, die Bäume im Park, das alkoholfreie, kühle Radler in der einen und Robinson Crusoe in der anderen Hand.

Es sind kleine, aber wichtige Momente.
Ich habe zwei neue Gedichte geschrieben und bin zufrieden.

Ich weiß, was ich nicht sein will und das ist verbittert. Ich muss an Crane's Wüstenkreatur denken, die genüsslich ihr eigenes Herz frisst weil es ihres ist, und weil es bitter ist. Ich liebe das Bild, das er mit so wenigen Zeilen in meinem Kopf malt und so viel Raum für Phantasie lässt und doch so stark ist.

Worüber ich gerade nachdenke? Die Sonne sollte nicht aufgehen oder nicht untergehen. Aufgehen ist so ein schwaches Wort im Vergleich zum Untergang. Mir gefällt Aufbruch. Sonnenaufbruch und Sonnenuntergang. Oder Sonnenaufgang und Sonneneingang.

Es mag unsinnig, kindisch erscheinen, aber es macht mir Spaß. Ich bin leicht zu erquicken.

Sonnegenießende Grüße und den Sonneneingang herbeisehnend,

Kas

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Donnerstag, 20. Juni 2019
Report #66
Wie's mir geht hat mich lange niemand mehr ernsthaft gefragt. Man schlägt sich wohl irgendwie so durch. Aber mir gehts nicht gut.

Aber zuerst was positives: Heute (gerade) habe ich zum ersten Mal seit zwölf Tagen wieder Alkohol getrunken. Ist doch irgendwie positiv, denke ich.

Und was gibt es sonst so neues von der Front? Ich quäle mich so durch. Irgendwie ziellos, planlos.

Ich habe auf einer alten Festplatte zufällig noch ein paar alte Texte und Gedichte gefunden und hatte leicht Gänsehaut beim lesen. Um ehrlich zu sein, halte ich einige davon immer noch für verdammt gut. Aber wen kümmern schlechte Gedichte heute, Euterpe ist tot.

Aber es hat mich auch traurig gestimmt, weil ich nicht weiß, wann ich das letzte mal diese Kreativität gespürt, ausgelebt habe, wie damals als ich all diese Zeilen schrieb. Irgendwas, vielleicht der Alltag, raubt mir die Kraft, die Kreaitivität. Ich versuche nebenbei noch an einem kleinen, flachen Roman zu schreiben, der so unfassbar schlecht ist und den nie jemand lesen soll, und der nur dafür bestimmt ist, dass ich mich zwinge, einige Zeilen herauszubringen und den Alltag zumindest etwas hinter mir zu lassen, indem ich diesen Albtraum von Geschichte weiter denke.

Und sonst fühle ich mich ziemlich einsam. Das Problem derer, die zu gut alleine zurecht kommen, denke ich mir immer. Vielleicht ist das auch einfach nicht meine Welt. Was soll's?
Ich meine, ich bin kein introvertierter Mensch, ich habe kein Problem damit irgendjemand anzureden, aber ich merke, wir mir leider niemand das geben kann, was ich suche.

Auf der alten Festplatte bin ich auch auf eine vier-stündige arte-Verfilmung von "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit<< von Marcel Proust gestoßen, die ich mir vor Jahren mal aus der arte-Mediathek heruntergeladen hatte und kurz darauf durchgeschaut hatte. (Falls es jemanden interessiert, es ist die zweiteilige Verfilmung von Nina Companéez, kein Plan ob man die heute noch irgendwo online findet.) Auf jeden Fall wird die Beziehung des Hauptcharakters zum schwulen Robert de Saint-Loup so intensiv dargestellt. Auf geistig-intellektueller-sensibler-kreativer Ebene. Mir fehlt der richtige Begriff. Es gibt die Szene, in der der Graf (?) de Saint-Loup den Hauptcharakter zum letzten Mal besucht (der von seiner Schwächlichkeit und Sensibilität gezeichnet ist) und ihn über die Herrlichkeit des Krieges berichtet und wie er glaubt, das die erzählende Person, das was er empfindet aufgrund seiner Sensibilität nachempfinden könnte, im Gegensatz zu all den anderen. Die Hauptperson schiebt die Kriegsbegeisterung des schwulen Grafen, dann darauf, dass der Krieg all die jungen Männer an die Front geholt hat, was die Situation für einen Schwulen in der Stadt nicht gerade angenehmer macht.

Es erinnert mich dabei irgendwie an die Reise oder an "Reise ans Ende der Nacht" von Celine, in der die "mysteriöse" Person des Robinson der Hauptperson Bardamu in vielen Dingen vorweg kommt und ähnliches erlebt und dadurch Bardamu besser verstehen kann(?). So habe ich es zumindest in meiner Erinnerung, ich habe den Wälzer lange nicht angefasst, war auch nicht so angenehm zu lesen, wenngleich ich mich an die Phrase: "Wir sind die Lustknaben von König Elend" erinnere, die ich so unfassbar mächtig fand.

Worauf ich hinaus will ist, dass mir jemand fehlt der mich versteht. Oder versucht mich zu verstehen. Was garnicht so einfach ist, weil um ehrlich zu sein, lieber Leser und liebe Leserin, versteht ihr euch selbst?

Es ist wieder wahllos was ich schreibe, aber wart ihr das nicht mal gewöhnt, liebe Leserin und lieber Leser?

Aber noch was positives: Ich bin nun mehr oder weniger "Autor." Nicht von einem Gedichtband oder einem schlechten Roman, sondern Co-Autor von mehreren wissenschaftlichen Veröffentlichung in internationalen, (mehr-oder-weniger) renommierten Fachzeitschriften und Fachkonferenzen.

Hurrah!
Jeder klatscht.
Vielen Dank!

Einer wissenschaftlichen Karriere mitsamt Promotion stände also theoretisch wenig im Wege. Zu Glück weiß ich nicht, was ich will.

Das war's.
Der Clown tritt ab.
Und erinnert sich, weil er es gerade mal wieder liest, an die Worte des Sub Marcos:

Vielfältige und aufsehenerregende Ehrerbietung seien Eurer Schönheit übermittelt.

Ich geb' mich nicht auf.

Wie immer, nur im Besten,
alles Glück der Welt wünschend,

Kas

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