Donnerstag, 22. November 2018
Report #61
Ist es falsch zu sagen, das ich intensiv leben möchte?

Ich benutze immer wenn ich darüber nachdenke oder darüber rede den Begriff des "Gebens". Das Leben ist ein Geben und Nehmen, klar.
Aber ich brauche Dinge die mir was "geben." Ein Gefühl, eine Emotion, etwas zum Nachdenken. Eben irgendwas.

Ich glaube, daher kommt meine Offenheit und Neugier gegenüber Menschen, Neuem und Fremden. Und wenn es auch nur ein Gedankenfunke in mir auslöst hat es sich rentiert.

Ich will die Welt nicht begreifen, nicht verstehen. Ich weiß nicht was ich will und das reicht mir. Es ist eine Suche.

Ich sitze da und trinke Wein, obwohl ich die Woche über langsam versucht habe meinen Konsum herunterzufahren. Aber ich brauch es, so traurig es ist.

Es scheint absurd, wenn ich mir Mut antrinken will für Dinge, die nicht nachts nicht betrunken tun kann, doch ich hoffe das die Stimmung bleibt.

Ich muss morgen früh raus, an die Universität und Vorlesungen besuchen, danach stehen zwei Besprechungen mit meinen zwei Chefs an und danach eine Verabredung mit Kommilitionen, mit denen ich an einem Forschungsprojekt arbeite, das sich dem Ende neigt und in das ich viel Herzblut reingesteckt habe.

Es ist nicht leicht, sich Abends zu betrinken und den Tag über, oder sobald morgens wenn der Wecker geht aufzustehen und bis zum nächsten Schluck seine Leistung zu bringen. Und es ist sicher nicht gesund.

Aber jetzt sitze ich hier wie jeden Abend, Pinky und trinke meinen Rotwein. Eigentlich wollte ich einen Tee trinken, doch ich konnte der Sucht nicht wiederstehen. Ich habe mir eine Kerze angesteckt, das Licht ausgemacht, mir ein Glas ausgeschenkt und sitze da und denke nach.
Über früher, heute, morgen, was auch immer. Über das was ich will, was ich niemals haben werde und wie ich reagiere, wenn ich weiß, das ich es niemals haben werde. Ich trinke Schluck um Schluck und schaue aus meinem kleinen Fenster hinaus in die Nacht, in den dunklen Hinterhof in dem sich nichts mehr regt.
Ich will sitzen bleiben, die Flamme beobachten, wie sich sich im Glas regt und langsam Docht und Wachs verbrennt. Ich will wach bleiben, bis es wieder heller wird, so hell es eben wird an diesen frühen kalten Wintertagen. Ich will nicht schlafen bevor die Flasche Wein getrunken ist und ich will mir Zeit lassen beim trinken. Ich will die Schlücke genießen nicht weil sie gut schmecken, sondern weil sie die Schlücke sind dieser melancholisch-trüben Nacht.

Und morgen ist ein neuer Tag, wie jeden Tag. Ein Tag voller Möglichkeiten, denen ich nicht gewachsen bin. Ein neuer Tag der mich dazu bringt, den Abend so zu verbringen wie diesen Abend. Ein guter Abend.

Ich gebe mich nicht auf.
Es kann nur besser werden.
Alles wird gut.


Kas

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