Montag, 12. September 2016
Armer Jüngling
Wir gingen nach getaner Arbeit eine Runde spazieren im nächsten Park, als vor uns ein kleine Reisegruppe Rentner stand. Wir setzten an zum Vorbeigehen, als ich sah, dass der Leitwolf unschlüssig auf eine Karte starrte.

Ich konnte nicht anders und fragte ob ich helfen könnte. Die Damen wollten nicht mehr soweit laufen und der Leitwolf hatte keine Lust an der Hauptstraße entlang zu gehen und so verriet ich ihnen einen schönen und schnellen Geheimtipp zur gewünschten Sehenswürdigkeit.

Einer der wenigen Herren fragte mich nach der nackten Frauenstatue und ich sagte ihm, dass es sich um einen sinnbildchen, zugegebenermaßen, schlechtbestückten Jüngling handelte, was auch stimmte. Die Meute lachte und wir wünschten ihnen einen schönen Tag.

Zwei Stunden später sitze ich wieder im Park, genau an ebenjener nackten Statue mit Bier und Buch, die geschriebene Klausur alleine feiernd.

Eine junge Familie kommt vorbei. »Guck mal, Mama!« sagt die Kleine. »Ja, eine Statue.« sagt die Mutter unbeeindruckt. »Eine Madonna.« stellt das Kind falsch fest und wird von der genervten Mutter schon weitergezerrt. »Nein, keine Madonna.«

Armer Jüngling. Entblößt, schlecht bestückt und ohne sich wehren zu können hält ihn jung und alt für eine Frau.

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