Dienstag, 3. Mai 2016
Report #3
Heute waren sie wieder da.
Ich wohne seit ungefähr einem Jahr in einem kleinen Ein-Zimmer-Apartment, etwas abseits, doch noch in der Innenstadt. Das Viertel ist nicht umbedingt schlecht, der Häuserkomplex ist schön mit einer kleinen Parkanlage und einer Art Hinterhof.
Und in jenem Hinterhof treffen sich fast täglich Jugendliche und junge Erwachsene und ich weiß nicht wie ich sie umschreiben soll.

Denn jede Bezeichnung scheint mir negativ beladen zu sein, und das finde ich nicht gerecht. Es sind wohl jene, die jeder erwartet, in einem Hinterhof in einer Innenstadt anzutreffen. Menschen aus "schwierigen" sozialen Schichten, mit Migrationshintergrund und geringem Bildungsgrad.

Eigentlich würde es mich nicht weiter kümmern, aber mein einziges Fenster ist zum Hinterhof hin und wenige Meter darunter ist eine steinerne Treppe, jene die eben zum Hof führt und die gerne als Sitzgelegenheit benutzt wird.

Und so kommt es öfters vor, mal mittag, mal abends, wenn ich bei offenem Fenster noch einige Zeilen lese oder schreibe oder lerne, höre ich sie reden. Und ich kann nicht anders als ihnen heimlich zu lauschen, so wenig es mich etwas angeht, und sowenig ich sie kenne.

Und ich will nicht das es arrogant klingt und ich meine es auch nicht so, aber es macht mich oft ziemlich traurig. Wirklich traurig. Klar, habe ich in meiner Heimat noch Freunde, die man wohl sicher auch zu diese "Schicht" oder "Soziale Gruppe" dazuzählen würde oder könnte und ich mag sie. Ich habe da absolut keine Vorurteile, schätze sie teilweise sogar sehr.

Aber die Art und Weise wie sie reden, worüber sie reden, die Themen, das stundenlange Sitzen und Reden im Hinterhof. Es macht mich manchmal traurig. Weil es sich teilweise so weit weg für mich anfühlt, so unreal, so unwirklich. Ich kann es manchmal nicht nachvollziehen. Und ich weiß nicht, ob es dass ist, was mich traurig macht.

Ich sollte nicht lauschen. Es geht mich nichts an.

Kas

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