Mittwoch, 1. April 2020
Report #75
Zustand: Unkritisch.
aber ich habe Sehnsüchte nach den Kneipen der Stadt.

Ich hänge zu Hause, schlafe, trinke und versinke. Ich müsste arbeiten, doch ich kann mich nicht dazu aufraffen, ich müsste was lesen, doch mir fehlt die Muße.

Ich bin fast jeden Tag draußen, spazieren, die Sonne und die frische Luft genießen.

Bewegung ist gesund.
Frische Luft ist gesund.
Sonne ist gesund.
Natur ist gesund.

Sozialer Kontakt ist gesund, aber ist nicht.
Intimität ist gesund, aber ist nicht.

Ich würde gerne wieder mehr schreiben, doch mir fehlt die Muse. Ich habe kurzeitig überlegt, hier einen Kurzgeschichten/Erzählungen-Wettbewerb auszurufen, aber hier ließt ja keiner mit. Ich habe einige grobe Ideen: Thema - Post-Corona Dystopia oder doch Post-Corona Euphoria ? Weiß ich nicht, fände ich beides spannend. Die Kreativität ist unbegrenzt.

Und sonst gestehe ich: Ich habe erstmals Online-Dating ausprobiert. Zugegeben, vielleicht nicht der beste Zeitpunkt. Oder vielleicht doch?
Ich weiß es nicht, aber es fühlt sich komisch an. Ich glaube, es ist nicht meins. Aber wieso denn nicht?

Es ist so erschöpftend sich irgendwelche kurze Texte zu schreiben, sich vorzustellen, Fragen zustellen und nie wirklich überzeugt zu sein. Auf Bildern geht einfach die Austrahlung verloren, es ist schwer Menschen so einzuschätzen:

Wie würdest du dich charakterlich in drei Worten beschreiben?

Wirklich? Wieso? Mit Verlaub, ich glaube, das ich, und jeder andere Mensch sich nicht in drei Worten zusammenfassen lässt. Oder geht es darum welche drei Wörter ich auswähle und welche angebliche Bedeutung man daraus lesen kann?

Na dann vielleicht Spaghettiplantage und Echtholzmünzkassette. Wie das sind nur zwei? Ich weiß, ich bin rebellisch. Was ein Unsinn.

Ich verstehe ja die Idee dahinter, aber so lernt man doch niemanden kennen.

Ehrlich, treu und liebenswürdig.

Uff. Was sagt das über dein Menschenbild aus, wenn du dir Ehrlichkeit als charakterliche Eigenschaft die dich charakterisiert nennst? Und welcher Untreue würde Untreue nennen? Das macht mich wahnsinnig.

Spaghettiplantage, Echtholzmünzkassette und wahnsinnig. Irgendwie fehlt noch die Alkohol-Komponente um mein Opus magnum zu vollenden. Da muss ich vielleicht noch etwas an der Münzkassette feilen, ist ja immerhin aus Echtholz und daher noch zerschreinerbar. Aber an der Spaghettiplantage wird nicht gerüttelt. Tut der Pasta nicht so gut, weiß man doch.

Ich verfalle im Unsinn, aber was ich eigentlich sagen möchte oder leider feststellen muss: Ich bin bisher nicht von den Damen überzeugt (und sie wahrscheinlich auch nicht von mir, auch wenn ich mich anständiger Verhalten habe als es hier vermuten lässt!). Zu wählerisch? Vielleicht, wahrscheinlich. Kann ich mir das leisten? Vielleicht, wahrscheinlich nicht.

Ich meine, mein Notfallplan steht: Als oberster Papa vom heiligsten Stuhl als Nimrod (I.) die Stadt Rom und den Erdkreis segnen. Da sehe ich mich nach meinem Studium, schöne Frau und du so?

Genervt feilende Grüße eines wahnsinnigen Pasta-BauersPflanzers,

Kas

PS: Ich rätsel gerade, ob man Betreiber eine Plantage wirklich auch Bauer nennt. Und nein, der korrekte Begriff scheint Pflanzer zu sein. Nichts zu danken. Digitale Lehre wird groß geschrieben in Krisenzeiten.

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Mittwoch, 19. Februar 2020
Abendroutine III
Etwas angetrunken stolpere ich mit einer Barbekanntschaft aus meiner Stammkneipe und bringe sie zur Bushaltestelle. Wir philosophieren weiter während sie auf den Bus wartet und als er endlich kommt, steigt sie ein und ich schaue ihr nach.
Auf eine weitere zufällige Begegnung in einer der verlorenen Kneipen der Stadt.

Ich gehe einige Schritte in Richtung meiner Wohnung und entscheide mich dann dagegen. Ich betrete die kleine, verrauchte Kneipe unweit der Bushaltestelle.

"Zwei Bier zum mitnehmen, bitte."
"Zuhause sterben die meisten Menschen." sagte eine hübsche Frau an der Theke neben mir und lacht mich an.
"Gut, dann doch eins für hier." sage ich zum Barmann.

Als der Barmann die beiden Bierflaschen vor mir stellt, ist sie schon wieder ins Gespräch mit einem anderen Gast vertieft.

"Das Bier zum mitnehmen kostet zwei und das zum hier trinken zweifuffzig."
Ich schaue ihn fragend an. Ich hab den Fünfer schon in meiner Hand.
"Wieso das denn?"
"Keine Ahnung. Ist doch überall so."
Ich überlege nochmal nachzufragen, weil ich es nicht verstehe, warum es teuer sein sollte, entscheide mich aber dagegen.
"Gut, dann hau ich ab. Stimmt so."

"Du gehst doch schon?" fragte sie nach als ich gehe und unterbricht ihr Gespräch.
"Ja, so habe ich fünffzig Cent gespart."

Zuhause stirbt's sich doch am besten.

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Donnerstag, 23. Januar 2020
Report #74
2020. Und genauso rastlos wie zuvor.

Ich habe gut eine viertel Stunde an dem eigentlichen Text geschrieben und ihn dann doch gelöscht. Zu wirr, unsortiert, chaotisch.

Wie ist der Stand, Kapitän?

Wir versinken im Sumpf des Stresses. Aber wenn der Kahn hält, haben wir den Sturm in drei Wochen überlebt.

Und selbst, Matrose?

Wir arbeiten an uns, wie immer, Kapitän. Irgendwann, Kapitän, ziehen wir es durch. Keine Gnade. Irgendwann.

Was bedrückt das Herz, Reisender?

Wenn ich's nur wüsst!...

Ahoi und Bon voyage,
Kas

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Montag, 9. Dezember 2019
Traumroutine I
Mit aller Kraft drückt er meinen Kopf in den Dreck während die Welt um uns herum untergeht. Das, was von meinem Körper übrig geblieben ist, schreit mit aller Sehnsüchte nach dem Tod. Ich spüre seinen warmen, harten Körper, den er unter größter Anspannung an mich drückt, um den Scheusalen und Bestien weniger Angriffsfläche zu bieten, mit einer Intensität, die ich niemals habe träumen können.

So verharren wir mehrere Ewigkeiten, ehe sich die Lage für einen Moment entspannt. Mit einem Ruck reißt er meinen Kopf aus dem Dreck und meine Lungen füllen sich schmerzlich mit der lang ersehnten Luft. Er dreht meinen Körper herum und schaut mich mit seinen glänzenden Augen und seinem irren Lachen an.

Sein Blick durchbricht die letzten Fesseln meines Verstandes und erreicht die Ufer meiner innersten, verletzten Seele.

"Kas, vergiss nicht: Der Schmerz des Lebens lohnt sich. Jeder einzelne Moment."

Damit lässt der Irre von mir ab, springt auf und sprintet mit dem agonischsten aller Lachen den Toren aller Höllen entgegen.

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Freitag, 6. Dezember 2019
Report #73
Ich müsste lügen, um zu sagen, dass ich nicht von mir selbst enttäuscht bin.

Ich habe versagt. So einfach. Ein Versager. Das bin ich.
Ich habe mich selbst belogen und morgen ist meine letzte Chance, wenn überhaupt.

Was kann der Mensch verlieren, wenn er nichts zu verlieren hat?

Wer bin ich und wer war ich? Und wer dachte ich zu sein?

Ich sitze am Schreibtisch, lerne für meine Prüfung morgen. Vor mir, unweit des Laptops brennt eine Kerze und aus den Boxen erklingen leise polnische Soldatenlieder aus dem 18. und 19. Jahrhundert und ich verstehe kein Wort. Wie sollte ich auch, ich spreche kein polnisch, aber die unbekannten, fremden Wörter beruhigen mich ungemein. In der linken halte ich meine Dose Bier und in der rechten den Stift mit dem ich mir Sachen notiere. Das Fenster ist gekippt und bringt neben kalten Luftstößen, den Klang des leise fallenden Regens hinein.

Und in meinen Gedanken, die abschweifen von der Prüfung zu Träumen, sammelt sich die Husaria ein letztes Mal in eben jener Kälte und jenem leisen Regen dort draußen. Sie schauen den Hügel hinab auf dunkle, nur Schattengestalten. Mit einem letzten aufbäumen, stürmen sie los, wohlwissend, das diese Zeit nicht mehr die ihrige ist und das aller alter Ruhm verblassen wird, wie die Erinnerung an das heutige, stolze Ende. Die Schläge der Hufen und das flattern ihrer Flügel übertönt jeden Regen und beschwört den ehrfürchtigen Hall der einst im ganzen Königreich Polen, im Großfürstentum Litauen, in Ruthenien und am Kahlenberg erklang.

Und nur die Enttäuschung bringt mich zurück. Eine andere Pflicht ruft, meine Pflicht. Mir bleibt nichts anderes, als mich wieder meiner Prüfung zu widmen und meine Kreativität und Sehnsüchte zu begraben.

Kas

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